Ein Festival voller Kostbarkeiten
Das Figurentheaterfestival Homunculus 28 verzeichnet nach seinem Finale eine Auslastung von 95 % und eine Perlenreihe voller besonderer Theaterminiaturen.
Hohenems. Man weiß gar nicht wo man anfangen soll, um Homunculus 28 zu beschreiben. Der Mix aus neuen Produktionen - vielfach Österreichpremieren und den Auftritten bereits bekannter und bewährter Puppenspieler war je nach Inszenierung berührend, faszinierend, mitreißend, humorvoll – aber stets fesselnd.
Herrenried im Fokus
Ein absolutes Highlight stellte die international bereits hundertfach gezeigte Aufführung von „Der standhafte Zinnsoldat“ von Stefan Wey dar. Erstmals war diese Inszenierung in Hohenems zu sehen, und erstmals wurde von Homunculus der Stadtteil Herrenried bespielt. Und selten wurden Hans Christian Andersens traurige Märchen so poetisch erzählt wie bei Homunculus. Das begann schon mit Pierre Schäfer der mit „Irgendwo ein Licht“ das Märchen von den Schwefelhölzern in ein temporeiches modernes Marionettenspiel verwandelte. Und das gelang mit dem „Zinnsoldaten“ der nach einem bilderreichen poetischen Spiel am Schluss mit seiner großen Liebe, der Papierballerina zum Kügelchen verschmilzt.
Poetisches Schatten- und Schauspiel
Die Zuschauerzahl des in einem aufblasbaren Kuppelzelt spielenden Schatten- und Schauspiels war mit je 90 Besuchern begrenzt. Mit der Figur des H.C. Andersen und einer echten Ballerina wechselten Schauspieler und Schattenspiel kongenial ab. Das Publikum ließ sich auf die umwerfende Reise des Zinnsoldaten begeistert mitnehmen. „Einzigartig, berührend, das war das Schönste, das ich je gesehen habe“ lauteten Publikumsstimmen. Und da waren auch noch die Klassiker „Höchste Eisenbahn“ mit Pierre Schäfer und Pater Müller oder die Inszenierung „Mit der Feuerwehr wird der Kaffee kalt“ (Weite Theater Berlin) mit der Homunculus der Feuerwehr Hohenems zum 150. Geburtstag gratulierte. Apropos Hohenems: mit den rostigen geometrischen wie asymmetrischen Stahlobjekten von Alexander Dür wurde im öffentlichen Raum auf Homunculus („Alte Theaterliebe rostet nicht“) verwiesen.
Demenz und Puppenspiel
Neben modernen, frechen sowie zauberhaften Märchen bei den Kindervorstellungen - wie „Das machen & andere verdächtige Sachen“ oder der Theaterwerkstatt mit Carina Mathis - wurde im Abendprogramm der Figurentheaterspirit schwungvoll fortgesetzt. Da gab es auch eine Lesung an einem geheimen Ort, der sich als die ehemalige Kapelle des Schloss’ Glopper entpuppte. Die künstlerische Leiterin Susi Claus und Schauspieler Peter Müller erzählten zwei Märchen und faszinierten die durchwegs erwachsenen Zuschauer. Homunculus 28 wechselte gekonnt zwischen Objekt- und Figurentheater, bei dem Hand- und Klappmaulpuppen, Marionetten, Schauspeler oder lebensgroße Puppen wie bei Pavel Möller Lücks neuem Stück „Der Mann der niemals weinte“ zum Einsatz kamen. Die liebe- und humorvolle thematisierte Demenzgeschichte begeisterte die Zuseher und passte zur im Löwenfoyer gezeigten begleitenden Ausstellung „Demensch“.
Standing Ovations
Mit „Fünf Gründe, warum Delfine böse Tiere sind“ zeigte das Schweizer Duo KPNV eine böse Satire warum gut gemeint nicht gut gemacht sein kann, bei der einem mehr als einmal das Lachen im Hals stecken blieb. Das Puppenspiel mit semidokumentarischen Videoeinblendungen mit überraschenden Wendungen und sich zum Schluss hin noch schwindelerregend steigerndem Tempo war exzellent. Am Abschlussabend sorgte „Unter Artgenossen“ des Theaters Fleisch und Pappe noch einmal für standing ovations: Die Herisauer Puppenspielerin Kathrin Bossard verkörperte mit exzellentem Spiel sämtliche tierischen Bewohner in einem „ehrenwerten“ Haus. Und es war entgegen aller Anschuldigungen nicht die Hyäne, die für schlechten Geruch und Aufruhr sorgte.. sondern das austretende Gas aus der maroden Leitung, die der gierige Hase Bernhard nie reparieren hat lassen. Im Anschluss klang „Homunculus 28“ schwungvoll mit einem „Rauschfrei“-Konzert im Löwenfoyer aus.
Sonne, Mond und Sterne
„Der Mix aus Publikumslieblingen und neuen Entdeckungen ist so spannend, dass wir das Festival fast verlängern müssten um die Nachfrage nach den tollen Neuentdeckungen in Folgejahren abzudecken“ freut sich die künstlerische Leiterin Susi Claus über den Publikumszuspruch. Auch Geschäftsführer Dieter Heidegger freut sich über die erneut erfreuliche Auslastung von 95 % und stellt Homunculus 29 in Aussicht. Das 29. Festival steht unter dem Motto „Sonne, Mond und Sterne“ und findet vom 14. bis 22. Mai 2020 statt.